Skitourenwoche Saoseo – Kesch – Grialetsch 9.-15.03.2025
Im Bus vom Dischmatal nach Davos, fast gerade am Ende unserer wöchigen Tour, dreht sich Urs zu mir und fragt, wer denn den Bericht schreiben würde. Ich hatte anfangs der Woche meine Gefährten gefragt und einstimmig hiess es: Wenn der Urs organisiert, dann schreibt er den Tourenbericht selber. Und ich lehnte mich zurück und machte mir keine Notizen. So bekommt ihr jetzt meine Erinnerungen frei nach Schnauze, nicht komplett, mit Lücken, dafür mit Worten zwischen den Zeilen und wörtlichen Stimmungsbildern.
Der Wetterbericht für die ganze Woche ist nicht rosig: Immer wieder leichter Schneefall, wenig Sonne, dafür Wolken sind vorausgesagt. Wir packen wohl alle warme Kleidung ein, die wir dann nicht oft brauchen, kalt ist es die ganze Woche nicht und wir erleben Stimmungen wie im Theater, der Nebel lichtet sich und partiell zeigen sich frisch verschneite Gipfel oder Wipfel der Nadelgehölze und eine blaue Front ist im Anzug. Manchmal üben wir uns, wer am schnellsten von Sonnen- zu Sturmbrille wechseln kann und umgekehrt.
Eine fröhliche Kumpelgruppe ist mit Heinz Arnold, dem Bergführer aus dem Schächental mit dem siebten Sinn für Schnee und zielführenden Spuren, unterwegs. In den ersten Tagen schnattert und lacht es hinter ihm, er lässt sich das regelmässige und für mich perfekte Tempo nicht nehmen und führt ohne viel Worte geduldig und sicher zum Tagesziel.
1.Tag
Spätestens ab Samedan sind wir komplett und reisen und tuckern zur Bernina Lagalp. Christine erinnert sich, dass sie hier die Gondel 11 mal nehmen musste, dann den Gipfel erklomm und so die Mount Everest Medaille erhielt. Ein Start hoch oben und viele Höhenmeter Abfahrt, so hat bei mir noch nie eine Tour begonnen. Der Schnee die Motta Bianca runter ist fahrbar und erst im Val di Campo tragen wir die Skis über vereiste und mit Lärchennadeln überdeckte Wege für eine kurze Weile. Das Rifugio Saoseo empfängt uns freundlich.








2. Tag
In der Nacht hat es geschneit bis in den frühen Morgen. Doch kaum sind wir gestartet, nieselt es nur noch leicht. Ob es lichtet heute? Wunderbar, auf den stillen Waldwegen, frisch gepudert, zu gehen. Wetterbedingt wird es heute nicht der La Pala oder der Corn da Camp sein. Eine Einlauftour mit leichtem Rucksack zum Piz Cunfin wird es sein. Schwitzen im windstillen Aufstieg und frösteln beim Gipfelkreuz gehören dazu. Und wie gewünscht, ein bisschen Licht für die Abfahrt runter zurück zur Saoseohütte bringt gute Laune.
3. Tag
Ein Tag, wo ich es geniesse, einfach hinterherlaufen zu können in der frisch verschneiten Landschaft. Auch wenn die Neuschneeportion homöopathisch war. Und in den Nebelschwaden gleichen sich Bergspitzen, Schneefelder gespickt mit Steinen und Felsen. Alles verschmilzt zu weichen Konturen. So spielt es für mich keine Rolle, ob da ein Gipfelkreuz winkt. Der Weg ist das Ziel und zeitweise ist ja der Schnee für die Abfahrt pulvrig und gut. Überraschend schnell taucht die Loipe vor Livigno auf und wir stöckeln nicht mehr weit bis zur Pension Forcola. Und wer freut sich nicht auf die Dusche und auf ein breiteres Bett. Dass man mit Hausschuhen ins kleine mit wunderbarem Sortiment bestückte Lädeli einkaufen gehen kann und auch so ein bisschen Italianità geniesst ist ein Supplement.
4. Tag
Es wäre die Königsdisziplin gewesen, wenn… tja. Es leuchtet immer noch eher grau von den Bergen und so wird es ein Genusstag. Statt wie geplant 7.5 -8 Stunden Skitour heute, geht es per Bus und Bahn und kurzem Skitragen zum Beizli Alp Chamues-ch und ein Kaiserschmarren erquickt die Gemüter. Von hier steigt es sanft und ruhig bis zur Chamanna d’Es-cha. Es riecht schon am Nachmittag nach feinem Curry.
5. Tag
Piz Kesch, der Königsgipfel steht nicht weit. Ein Ziel. Und mit Halt an den Ketten mit Seil, Pickel und Steigeisen erreichen wir die Porta d’ Es-cha. Alles zieht Richtung Gipfel, wir erahnen ihn im nebligen Grau. Doch es gibt Kraft in der Sonne, blaue Löcher und hie und da zeigt sich der Berg.
Angeseilt, ausgerüstet und ohne die Schwere des Rucksacks ziehen wir als zwei Seilschaften los. Und steigen steil, war es halbhoch? Und was wäre wenn gewesen, kann man hinterher immer analysieren… mehr Seile, keine etwas stolpernde Gruppe vor uns, besseres Wetter, geübtere einzelne Teilnehmende, eine weniger grosse Gruppe und wir wären ganz oben auf dem Gipfel gestanden. Was solls. Es war atemberaubend schön und das blaue Loch hielt grad noch an für etwas Sicht bei der Abfahrt zur Keschhütte.


















6. Tag
Lieber nicht zu viele Worte über die Hütte. Einfach nicht sehr gastfreundlich. Eng zusammengepfercht im Gruppenschlag suchen etliche nach Schlaf. Nicht unglücklich verlassen wir früh morgens die Unterkunft. Nach einer fast klaren Nacht üben wir uns wieder in allen Facetten der Grautöne. Heinz spurt für uns, er muss mehr sehen als wir, so sicher findet er den Weg, testet den Schnee, lässt uns Abstand halten und spurt dann hoch von der Alp Funtauna zur Vallorgia. Zwar zeigt sich kurz im eindrücklichen Nebelheben die eindrückliche Berninagruppe und im abenteuerlichen Wechsel ragen viele andere Gipfel auf und reihen sich zur Rundsicht. Auch die mögliche Aufstiegsroute zum Gipfel des Piz Grialetsch kann man erahnen, keine Spur drin, weit und breit. Heinz und Urs entscheiden für die Abfahrt zur Grialetschhütte. So ein Unterschied. Schon beim Eintreten: Es riecht so fein nach Arve und die Räume sind äusserst freundlich. Wir wissen, es ist der letzte Abend in der Gruppe. So steigt der Gesprächspegel am gemütlichen Tisch und die letzten Abenteuer machen die Runde.










7. Tag
In der letzten Minute fällt die Entscheidung: Statt hoch zum Piz Sarsura und runter nach Brail, versorgen wir unsere Felle definitiv in den Tiefen des Rucksacks und stieben in wunderschönen Hängen dem Dischmatal zu. Ein letzter wehmütiger Blick zurück auf die von uns gezöpfelten Hänge, auf die sichtbaren oder erahnenden Berge lässt uns das Ende einer wunderbaren Tourenwoche spüren. Danke dir Urs für die absolut perfekte Organisation, danke Heinz für die so sichere und kompetente Führung und danke der ganzen Gruppe für die feine Kameradschaft.
Und wer wollte besseres Wetter haben, die Bilder sprechen Bände!
Bergführer: Heinz Arnold
Tourenleiter: Urs Müller
Teilnehmende: Judith, Markus, Andreas, Gerhard, Susanne Forrer, Monika, Maja, Christine, Felix, Susanne Härri
Bericht: Susanne Härri
Fotos: Urs Müller, Markus Jud, Gerhard Roth